Operationelle Risiken bestehen in der Gefahr von Verlusten aufgrund unzulänglicher oder fehlerhafter interner Prozesse sowie mitarbeiterbedingter, systembedingter oder auch externer Vorfälle. Im Gegensatz zu versicherungstechnischen Risiken (z. B. dem Reserverisiko), die wir im Rahmen unserer Geschäftstätigkeit bewusst und kontrolliert eingehen, sind die operationellen Risiken untrennbar mit unserer Geschäftstätigkeit gekoppelt. Der Fokus liegt deshalb auf Risikoreduzierung. Die operationellen Risiken gehören – in Abgrenzung zu Markt-, Forderungsausfall- und Zeichnungsrisiken – zu den nichtfinanziellen Risiken.
Mithilfe von Selbsteinschätzungen (Self Assessment for Operational Risks) ermitteln wir den Reifegrad unseres Risikomanagementsystems für operationelle Risiken und definieren Handlungsfelder für Verbesserungen. Die Bewertung erfolgt beispielsweise durch die Einschätzung des Reifegrades der Risikomanagementfunktion oder der jeweiligen Risikoüberwachung und -berichterstattung. Das System ermöglicht uns unter anderem eine Priorisierung der operationellen Risiken und dient der Ermittlung der Kapitalbindung in unserem internen Modell.
Im Gesamtrahmen der operationellen Risiken betrachten wir insbesondere Geschäftsprozess- und Datenqualitätsrisiken, Compliance-Risiken, Ausgliederungsrisiken, Betrugsrisiken, Personalrisiken, Informationssicherheitsrisiken sowie Betriebsausfallrisiken.
Geschäftsprozessrisiken bestehen in der Gefahr von unzulänglichen oder fehlerhaften internen Prozessen, die z. B. durch eine inadäquate Prozessorganisation entstehen können. Wir haben Kriterien zur Steuerung des Risikos definiert, die zu einer hohen Prozessqualität führen. Datenqualität ist ebenfalls ein sehr kritischer Erfolgsfaktor, insbesondere im Risikomanagement, weil zum Beispiel die Validität der Ergebnisse des internen Modells maßgeblich auf den zur Verfügung gestellten Daten basiert.
Compliance-Risiken bestehen überwiegend aus der Gefahr von Verstößen gegen Normen und Anforderungen, die Klagen oder behördliche Verfahren mit einer nicht unerheblichen Beeinträchtigung der Geschäftstätigkeit des Hannover Rück- Konzerns nach sich ziehen können, wenn sie nicht beachtet werden. Als besonders relevante Themen wurden dabei die aufsichtsrechtliche Compliance, die Einhaltung der Geschäftsgrundsätze, Datenschutz und auch die Kartell- und wettbewerbsrechtliche Compliance definiert. Das Compliance-Risiko schließt dabei steuerliche und rechtliche Risiken mit ein. Unter anderem werden mit Hilfe einer Sanktionsprüfsoftware Teile des Bestandes der Hannover Rück-Gruppe nach Personen gefiltert, die aufgrund kriminellen oder terroristischen Hintergrundes Gegenstand von Sanktionen sind. Werden solche Personen entdeckt, werden entsprechende Maßnahmen ergriffen. Auch die Geschäftspartner werden einer solchen Prüfung unterzogen. Die Verantwortlichkeiten innerhalb der Compliance-Organisation sind konzernweit geregelt und dokumentiert. Schnittstellen zum Risikomanagement sind etabliert. Regelmäßige Compliance-Schulungsprogramme ergänzen das Instrumentarium.
Ausgliederungsrisiken können durch Auslagerungen von Funktionen, Dienstleistungen und / oder Organisationseinheiten an Dritte, außerhalb der Hannover Rück, resultieren. Zur Begrenzung des Risikos existieren verbindliche Regelungen, die z. B. vorsehen, dass vor einer wesentlichen Ausgliederung eine Risikoanalyse durchzuführen ist. Im Rahmen dieser Analyse wird unter anderem geprüft, welche spezifischen Risiken vorhanden sind, und ob überhaupt eine Ausgliederung erfolgen kann. Ergänzend werden unsere externen Partner einer regelmäßigen Überprüfung (Due Diligence) unterzogen.
In ausgewählten Marktnischen betreiben wir Erstversicherungsgeschäft als Ergänzung zu unseren Rückversicherungsaktivitäten. Wie in der Rückversicherung arbeiten wir hierbei grundsätzlich mit Partnern aus dem Erstversicherungsbereich, z. B. mit Erstversicherungsmaklern sowie Zeichnungsagenturen, zusammen. Hieraus entstehen Vertriebskanalrisiken, die jedoch durch eine sorgfältige Auswahl der Agenturen, durch verbindliche Zeichnungsrichtlinien und regelmäßige Prüfungen reduziert werden.
Betrugsrisiken ergeben sich aus der Gefahr vorsätzlicher Verletzungen von Gesetzen oder Regeln durch Mitarbeiter (interner Betrug) und / oder durch Externe (externer Betrug), um einen persönlichen Vorteil zu erzielen. Risikoreduzierend wirken dabei das interne Kontrollsystem sowie die konzernweiten und linienunabhängigen Prüfungen der internen Revision.
Die Funktions- und Wettbewerbsfähigkeit des Hannover Rück-Konzerns ist maßgeblich der Kompetenz und dem Engagement unserer Mitarbeiter zu verdanken. Zur Reduzierung der Personalrisiken achten wir in besonderer Weise auf Qualifikation, Erfahrung und Leistungsbereitschaft unserer Mitarbeiter und fördern diese durch ausgezeichnete Personalentwicklungs- und Führungsarbeit. Durch regelmäßige Mitarbeiterbefragungen und Überwachung von Fluktuationsquoten werden die Risiken frühzeitig erkannt und Handlungsspielräume geschaffen.
Informationssicherheitsrisiken bestehen unter anderem in der Gefahr einer unzulänglichen Integrität, Vertraulichkeit oder Verfügbarkeit von Systemen und Informationen. Wesentlich für den Hannover Rück-Konzern sind beispielsweise Schäden, die aus der unerlaubten Weitergabe vertraulicher Informationen, der mutwilligen Herbeiführung der Überlastung wichtiger IT-Systeme oder auch durch Computerviren resultieren. Angesichts des breiten Spektrums dieser Risiken existieren vielfältige Steuerungs- und Überwachungsmaßnahmen sowie organisatorische Vorgaben wie abzuschließende Vertraulichkeitsvereinbarungen mit Dienstleistern. Darüber hinaus werden unsere Mitarbeiter für solche Sicherheitsrisiken durch praxisorientierte Hilfestellungen, z. B. durch Informationskampagnen und Schulungen, sensibilisiert.
Vorrangiges Ziel bei der Reduzierung der Betriebsausfallrisiken ist die schnellstmögliche Rückkehr in den Normalbetrieb nach einem Krisenfall, z. B. durch Umsetzung vorhandener Notfallplanungen. Auf Basis international anerkannter Standards wurden die entscheidenden Rahmenbedingungen definiert und unter anderem ein Krisenstab eingerichtet, der im Krisenfall als temporäres Steuerungsgremium fungiert. Das System wird durch regelmäßige Übungen und Tests ergänzt.